Sklaverei und Lohnarbeit bei Marx: Zur Diskussion um Gewalt und "unfreie Arbeit" im Kapitalismus
In: Prokla: Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Band 49, Heft 196, S. 427-448
ISSN: 2700-0311
In neuen Beiträgen zur Rolle von Gewalt und Formen unfreier Arbeit im Kapitalismus (Heide Gerstenberger, Marcel van der Linden und Karl Heinz Roth) wird die Ausblendung dieser Dimensionen auf die zentrale Stellung der doppelt freien Lohnarbeit in der Kritik der politischen Ökonomie von Marx zurückgeführt. Der Aufsatz versucht zu zeigen, dass es sich hier um eine Verwechslung der marxschen Kritik mit einer als "Marxismus" bezeichneten Ideologie der westlichen Arbeiterbewegungen handelt, die eine bestimmte Funktion für die zunehmende Integration dieser Bewegungen in die bürgerliche Gesellschaft hatte. Während Marx an einer radikalen Kritik von Lohnarbeit als einer maskierten und verallgemeinerten Sklaverei festhielt, stellte die "Arbeiterbewegung" die freie Lohnarbeit als "ehrliche Arbeit" anderen Formen wie dem Lumpenproletariat und denVersklavten gegenüber. Für Marx produzierten auch die Versklavten in der kapitalistischen, industriellen Plantagensklaverei Wert und Mehrwert. Er konzentriert sich, auch in Kritik an der "Arbeiterbewegung", auf die Form der Lohnarbeit, weil sie die ideale Mystifizierung und Verschleierung der Ausbeutung im Kapitalismus darstellt.